Der erste von vier Multiplier Events des Bildungsprojekt PULS+ ist Geschichte. In Linz wurde am 22. Oktober 2019 die Unverträglichkeit von dialogischen Prinzipien und formalen Verfahren in Form eines neuen Veranstal-tungsformates untersucht.
Von PULS+ und schulRAUM-kultur veranstaltet und von der Kunstuniversität Linz, der Universität Innsbruck, der OÖ Landesregierung und dem Architekturforum OÖ unterstützt, stellten rund 120 Teilnehmende in neun „fiktiven Redaktionen“ ihre Fragen an 20 Expert*innen in drei „fiktiven Pressekonferenzen“.
Kunst des Gastgebens
Gemäß dem Anspruch ganzheitlichen Vorgehens im Bildungsprojekt PULS+ kann die Performance am Multiplier Event in Linz auch als eine Abbildung im Sinne eines „gelebten Bildes“ oder einer „sozialen Skulptur“ verstanden werden.
Das Symposium bemühte sich im interdisziplinären Gelingen zwischen den Feldern Architektur, Pädagogik und Verwaltung um eine bewusste Verschränkung von Unschärfe und Präzision, von Intuition und Wissen, von Kunst und Wissenschaft.
Aspekte dieser „kulturellen Polaritäten“ unterschiedlicher Erkenntniszugänge oder Welterfassungsqualitäten sollten in der Veranstaltung wirksam werden. Also wurde auf Gestimmtheit des Prozesses genauso geachtet wie auf breite Sinnbildungsmöglichkeit.
Fragen des guten Essens und der Gestaltung des Raums wurden als katalytische Aspekte von interdisziplinärer Kommunikation und kulturellem Lernen implizit thematisiert.
Auch das Lernen über den Körper im Führen und Sich-führen-Lassen wurde in Form von Tango Argentino miteingebunden.
Kraft des Formats
Mit der Entwicklung eines Formats, das zeitlich zugespitzt die fiktive Situation von drei zeitgleich ablaufenden Pressekonferenzen in den Mittelpunkt des Diskurses stellte, waren Spontanes, Unerwartetes und Unkalkulierbares provoziert, Routinen ausgeschaltet und Neues wahrscheinlicher.
Die Möglichkeit, in eine Rolle zu schlüpfen, ließ für viele Gäste die Grenzen zwischen Spiel und Ernst verschwimmen. In dieser Ambivalenz lockerten sich übliche Regeln im Verhalten wie im Kommunizieren.
Eine eigenständige Dynamik erfasste alle Redaktionen und dann auch Podien. Ein Kommentar sprach von einer „zweiten Naivität“ (nach Caminada) und brachte damit das tatsächlich „Neue“ der Stimmung in Linz gut auf den Punkt. Was sind die Gewinne dieses „ver-rückten“ Multiplier Events?
Im Spiel gelang ein authentischer Austausch von vielen unterschiedlichen Personen. Zweifel, Nachdenklichkeit, Aha-Momente … und unter Umständen nachhaltige Wandlungen von persönlichen Zugängen und/oder Einstellungen. Personen aus den Feldern Architektur, Pädagogik und Verwaltung erfuhren wieder einmal, wie unterschiedlich sie ticken.
Ort der Ergebnisse
Beate Weyland hat in ihrem Impuls gleich zu Beginn formuliert: „Für die Architektur ist ein Projekt terminisiert. Für die Pädagogik ist ein Projekt der Beginn einer Beziehung.“
Damit sind auch zwei unterschiedlicher Zugänge von Berufskulturen beschrieben, die um folgende Pole kreisen: Prozess und Ergebnis, Weg und Ziel, Beziehung und Objekt. Räume, in denen das diskutiert werden konnte, wurden in Linz ein Stück weit mehr und neu geschaffen.
Die Ergebnisse sind still, unspektakulär, doch im Idealfall nachhaltig. Den ihr Ort liegt in Personen, nicht am Papier – was Michael Zinner meint, wenn er sagt: „Der Ort der Veränderung im 21. Jahrhundert ist die Person“.
Stimmen aus Linz
“Das Briefing ist genial – hier wird etwas noch nie Dagewesenes gemacht.” (Schulamtsleiter)
“Das sieht alles so schöööööööööööööööööööööööööön aus.” (Moderatorin)
“Schön, dass wir uns alle gleichermaßen begegnen konnten, egal ob Expertin oder Newbie.” (Pädagogin)
“Die Zuspitzung des ganzen Symposiums auf eine wichtige Stunde, in der die ‚Pressekonferenz‘ vorbereitet wird und eine weitere, in der sie abgehalten wird, hat zu meinem Erstaunen einen sehr hohen Einsatz der Beteiligten provoziert.” (Kammerpräsidentin)
“Der Vorteil solcher ‚Rollenspiele‘ bei Partizipationsprozessen lohnt durchaus einer näheren Betrachtung, ist es doch ein geeignetes Mittel um gegensätzliche Positionen zu begreifen.” (Architektin)