Lernraumentwicklung in der Hochschulbildung

An der Pädagogischen Hochschule FHNW wird das PULS+Projekt durch die Professur für Unterrichtsentwicklung und Unterrichtsforschung am Institut Primarstufe durchgeführt. Der Arbeitsschwerpunkt liegt hier auf der Integration des Themenfeldes «Lernen und Raum» in die Lehre der Pädagogischen Hochschule.

Das Zusammenwirken von Pädagogik und Architektur ist in der Pädagogischen Hochschule FHNW bereits in mehreren Projekten zentraler Gegenstand gewesen.

So wurde in dem Forschungs- und Entwicklungsprojekt SchulUmbau (2012 – 2014) nach neuen Anforderungen an schulische Lernumwelten und deren Architekturen gefragt.

Das Forschungs- und Entwicklungsprojekt Schularchitektur im Dialog (2013 – 2015) hatte zum Ziel, pädagogisches Raumwissen zu erweitern.

Darauf aufbauend wurden Grundlagen entwickelt, die es erlauben, einen interdisziplinären Dialog mit den beteiligten Akteuren aus Pädagogik, Architektur und Verwaltung zu etablieren, der gemeinsame Deutungen und nutzungsorientierte Vorgehensweisen ermöglicht.

Die Integration des Themenfeldes «Lernen und Raum» in die Hochschullehre ist bisher in der Lehrpersonenausbildung an der Pädagogischen Hochschule wenig differenziert aufgegriffen worden.

Eine erste Zielsetzung ist es daher, dass die Studierenden Wissen zu dialogischen Beteiligungsformen an Schulbauprozessen kennenlernen. Zukünftige Lehrpersonen sollen sich in Schulbauprozessen weniger als Betroffene erfahren und mehr als Akteure begreifen, die gezielt darauf hinarbeiten können, dass pädagogische Konzepte in die Gestaltung von Schulraum einfliessen.

Zweitens zielt die Ausbildung darauf ab, Raumgestaltungskompetenz aufzubauen, so dass auch bereits gebauter Raum als form- und veränderbar begriffen wird.

Es wurden drei Projektseminare mit unterschiedlichen Ausrichtungen entwickelt und durchgeführt:

Seminar 1

Dies setzte auf die Entwicklung der Raumkompetenz zukünftiger Lehrpersonen bezüglich Schulbauprozessen und Raumgestaltung.

Zukünftige Lehrpersonen sollen im konkreten Schulalltag die Möglichkeit haben, als gestaltende Akteure tätig zu werden.

Zentrales Element des ersten Blockwochenendes war die Simulation eines Wettbewerbs, in welchem die von den Studierenden entwickelten pädagogischen Konzepte in Entwürfe für Schulneu- und Schulumbauten eingeflossen sind.

Diese wurden dann von einer «Fachjury» unter Beteiligung eines im Schulbau tätigen Architekten diskutiert und bewertet.

Ein zweiter Schwerpunkt lag in der Frage, wie bestehender Raum gestaltet und in die pädagogische Arbeit einbezogen werden kann.

Ergänzt wurde die inhaltliche Auseinandersetzung durch eine Exkursion in das Basler Sekundarschulhauses Sandgruben, wo alters- und niveaugemischt in Lernateliers gearbeitet wird.

Seminar 2

Ein Reallabor in der Praxis vor Ort durchführen: Diese Form des Reallabors ist ein von Andreas Hammon (Mitglied im PULSverbund) entwickeltes Konzept der räumlich gestützten Schul- und Unterrichtsentwicklung.

Im Rahmen einer Projektwoche beschäftigen sich zunächst Studierende selbst mit Lernraumszenarien, dann entwickeln Schülerinnen und Schüler, unterstützt und gecoacht durch die Studierende (sowie die Seminarleitung), eigene Ideen von Schulmöbeln und bauen diese mit stabiler Wabenpappe in Originalgröße.

Zum Abschluss der Projektwoche werden die «Produkte» einer erweiterten Öffentlichkeit (Eltern, Interessierte) präsentiert. In dieser Weise werden vom konkreten Tun und Herstellen Impulse auf Lehr- und Lernformen gesetzt.

Außerdem wird den Studierenden wie auch den Schülerinnen und Schülern ermöglicht, sich Raum und Material in einer intensiven Art zu eigen zu machen.

Seminar 3

Im März und April 2020 wird unter der Themenstellung Schule der Zukunft: Architektur – Lernraum – Ästhetik die Begegnung und gegenseitige Anregung unterschiedlicher Akteure im Mittelpunkt stehen.

Zunächst örtlich getrennt in Innsbruck und in Muttenz arbeiten zwei Seminargruppen (Primarschulstudierende aus der Schweiz, Architekturstudierende aus Österreich) an der Frage, welche Anforderungen aus pädagogischer und aus architektonischer Sicht an Lernraum zu stellen sind.

In der zweiten Blockveranstaltung besucht die Innsbrucker Seminargruppe der Architekturstudierenden die Schweiz und es findet ein gemeinsames Seminar in Muttenz statt.

Wir stellen uns gegenseitig Überlegungen, Entwürfe und Ergebnisse vor und treten als «critical friends» in einen gemeinsamen Dialog. Zielsetzung ist es, die eigenen Sichtweisen zu erweitern und Kompetenzen für eine «Schularchitektur im Dialog» zu entwickeln.

In der Auseinandersetzung mit dem Thema der Lernraumentwicklung sowie in der konkreten Arbeit mit Studierenden und Lehrpersonen wird deutlich, dass es für die pädagogischen Akteure (Lehrpersonen, Schülerinnen und Schüler) auch Mut braucht, «in Stein gehauene», feste Materialitäten als nicht für die Ewigkeit gegeben zu begreifen.

Vielmehr müssen wir lernen, Raum als Gestaltungsraum zu begreifen, der trotz Gewohnheiten, gesetzlichen Vorgaben und selbst auferlegten Regeln veränderbar ist. Dann kann es gelingen, Raum, Zeit, Inhalt und auch unsere pädagogischen Überzeugungen zu «verflüssigen» bzw. ins Fließen zu bringen.